Bewältigung ökologischer Herausforderungen im Bergbau

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Earth Resource Investments
by Pereshia Berlenbach

Diese Serie bietet Einblicke in die Nachhaltigkeit im Bergbau, basierend auf der Executive MBA-Arbeit der Autorin mit dem Titel „Of Chieftains and Chairmen“ und Erkenntnissen aus Minenbesuchen. Sie wird in vier Teilen präsentiert, die jeweils eine individuelle Perspektive betrachten: ökonomisch, umweltbezogen, sozial und im Hinblick auf die Unternehmensführung von Minengesellschaften. Dieser Artikel befasst sich mit den wichtigsten Umwelt Aspekten.

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Masse bewegt!

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Metallen, verbunden mit einer sinkenden Erzqualität und der Tatsache, dass sich die Erze zunehmend in abgelegenen und risikobehafteten Ländern befinden, stehen wir vor wachsenden Herausforderungen in der Minenindustrie.

Ein Beispiel für abnehmende Erzgehalte ist der Kupfergehalt, der vor einem Jahrhundert durchschnittlich bei 4 % lag und heute unter 1 % gesunken ist. Dies führt zu einem erheblichen Anstieg der abgebauten Erz-Tonnage und resultiert und einer vervielfachung des Abraummateriales was einen größeren ökologischen Fußabdruck zur Folge hat. Es muss heute massiv mehr Erz verarbeitet werden um die gleiche Menge an Kupfer zu fördern wie in der Vergangenheit. Auch werden die Lagerstätten in zunehmenden Tiefen abgebaut, was die zu bewegende Materialtonnage  und das geotechnische Risiko massive vergrössert.

Abb. 1: Zunahme des Abraumgesteins in Millionen Tonnen

Quelle: Mudd, G. M., 2007. Globale Trends im Goldbergbau: Auf dem Weg zur Quantifizierung der Umwelt- und Ressourcennachhaltigkeit. Ressourcenpolitik, Band 32, S. 42-56.

Aufgrund des zunehmenden Landverbrauchs durch grössere Minen und den Eingriffen in die Umwelt ist es heute wichtig, dass genügend (finanzielle) Mittel zurückgelegt werden, um die Eingriffe zu minimieren und das Minengelände so nah wie möglich  in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.

Betrachtung des Standorts durch die Linse der Umweltakteure.

Die Bedeutung einer standortspezifischen Analyse zeigte sich, als ich ein Unternehmen wegen fehlender Nutzung erneuerbarer Energien vor Ort kontakt aufgenommen habe. Sie erklärten, dass der dichte Wald um das Gelände keine Solarpaneele zuließ. Dies führte zur Frage: Sollten Bäume gefällt werden, um Platz zu schaffen, oder sollten Emissionen anderswo reduziert werden? Auch müssen Maßnahmen wie die Reduzierung des Wasserverbrauchs in dürre gefährdeten Gebieten im Vergleich zu Regionen mit mehr Niederschlag berücksichtigt werden. Einheitliche Bewertungsergebnisse sind daher nicht immer möglich.

Ein entscheidender Aspekt stellt die Zusammensetzung und Effizienz des Stromnetzes und der Erzgehalt da. Die Qualität des Erzes, oft als „Grade“ bezeichnet, beeinflusst direkt die Energie, die für die Gewinnung und Verarbeitung benötigt wird. Bei abnehmendem Erzgehalt muss mehr Material bearbeitet werden, um die erforderliche Menge an Mineralien zu extrahieren, was zu erhöhtem Energieverbrauch und folglich zu höheren Emissionen führt.

Dieses Problem kann durch die Zusammensetzung des Stromnetzes in den Regionen, in denen Bergbauaktivitäten stattfinden, weiter verschärft werden. Minen, die von fossilen Brennstoffen betrieben werden, verursachen naturgemäß höhere Emissionen pro Tonne Erz als solche in Regionen, in denen  nicht fossile Energiequellen dominieren. Beispielsweise weist der Bergbau in einem Land wie Südafrika, dessen Energien überwiegend durch Kohle generiert wird, einen deutlich höheren CO2-Fußabdruck auf als in einem Land, das massiv auf Wind-, Sonnen- oder Wasserkraft setzt.

Emissionsreduktion durch Innovation

Innovation und die Einführung sauberer Energiequellen können eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Emissionen spielen. Investitionen in Smart-Grid-Technologien, Energiespeicherlösungen und einen vermehrten Einsatz von erneuerbare Energien sind wesentliche Strategien für Bergbauunternehmen, die darauf abzielen, ihre  CO2 Emissionen zu reduzieren. Dieser ganzheitliche Ansatz hilft nicht nur beim Emissionsmanagement, sondern sorgt auch langfristig für einen nachhaltigeren und wirtschaftlich effizienteren  Bergbaubetrieb.

Ein Beispiel für technologische Innovation im Bergbau ist die Kooperation zwischen ABB und Boliden zur Förderung der Elektrifizierung von Kipplaster  und Reduzierung der CO2-Emissionen. Das batterieelektrische Trolley-Truck-System wird seit vielen Jahren in den Boliden Tagebauten in Schweden und Finnland eingesetzt und nun auch auf einer 800 Meter langen Untertage-Teststrecke in der Garpenberg Mine in  Schweden mit einer Steigung von 13 % eingesetzt. Diese Fahrzeuge sind effizienter, leiser, verursachen weniger Vibrationen und tragen zudem zu einer besseren Luftqualität und geringeren Betriebskosten sowie geringeren Bewetterungskosten.

Abb 2: Eine Zusammenarbeit zur Entwicklung des ersten batterieelektrischen Untertage-Lastwagen.

Quelle: https://www.mining.com/abb-boliden-and-epiroc-create-first-battery-electric-trolley-underground-truck-system/, 22.04.24

Wohin mit dem ganzen Abraum?

Die Mehrheit der Umweltkatastrophen im Bergbau ist auf Brüche von Abraumdämmen zurückzuführen. „Tailings“ sind die Rückstände, die nach dem Mahlen und aufkonzentrieren des Erzes verbleiben und entweder nass in Dämmen oder trocken auf Halden  gelagert werden. Die Dämme selbst bestehen aus Abraumgestein  und können beträchtliche Ausmaße annehmen (mehrere Quadratkilometer). Die Ursachen für Dammbrüche umfassen Faktoren wie Niederschläge, Erosion, seismische Aktivitäten und die grundlegende Geologie, was die technischen Herausforderungen erheblich macht. Alte, kaum mehr nachvollziehbare Konstruktionsmethoden stellen gerade bei alten Abraumdeponien ein erhebliches Risiko dar.

Abb. 3: Bau eines Abraumdamms in Botswana, 2023. Nachgeschaltete Konstruktion mit zwei hochdichten Polyethylenschichten und einer „Hypernet“-Schicht für eine verbesserte Entwässerung.

Quelle: ERI, Motheo-Mine, Botswana, aufgenommen am 04.02.2023

Kreislaufwirtschaft durch Wiederverwendung von Abfällen.

Die Bergbauindustrie wird dafür kritisiert, eine bedeutende Menge an Abfall zu produzieren, entweder als Abraum, der entfernt wird, um an das darunterliegende Gestein mit kommerziellem Wert zu gelangen, oder als Abfall, der nach der Verarbeitung des Erzes übrig bleibt. Je nach ihren Eigenschaften können diese Abfälle für Ziegel, beim Straßenbau oder in Beton verwendet werden.

Tailings können auch in der Kreislaufwirtschaft eingesetzt werden z.B. zur Stromerzeugung. Das innovative Energiespeichersystem von einer Start-Up hebt Blöcke, die unter anderem auch aus Tailings bestehen, mithilfe eines mit erneuerbarer Energie betriebenen Motors an. Die angehobenen Blöcke werden gestapelt, wodurch potentielle Energie entsteht. Wenn die Blöcke abgesenkt werden, wird die Energie “geerntet” und zur Nutzung abgegeben.

Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung von Abraum für die Rückverfüllung von Untertageminen oder zur Befüllung stillgelegter Schächte, wie im untenstehenden Bild einer Mine in Griechenland dargestellt. Dies verringert nicht nur die Oberflächenbelastung, sondern ermöglicht auch die Wiederverwendung von Tailings als Teil der Stabilitätssicherung des Untertageabbaus.

Abb. 4: Kreislaufwirtschaft durch Abfallwiederverwendung.

Quelle: Skouries Update Video, 12.2022, https://www.eldoradogold.com/assets/operations-and-projects/projects/skouries-greece/default.aspx,

Wassermanagement.

Wassermanagement ist ein weiterer Aspekt, der in unserer Analyse untersucht wird. Der Verbrauch variiert erheblich je nach Standort, klimatischen Bedingungen sowie den Sammel- und Recyclingmaßnahmen, die von den verschiedenen Unternehmen umgesetzt werden. Im Jahr 2024 berichtete die BBC, dass Marokko das sechste aufeinanderfolgende Dürrejahr erlebte. Es war für uns von großem Interesse zu beobachten, wie ein Bergbauunternehmen mit den klimatischen Herausforderungen vor Ort umgeht. Im Mai 2024 besuchten wir das Projekt, das im zentralen Anti-Atlas-Gebirge gelegen ist. Zu dieser Zeit waren sämtliche Flüsse, an denen wir vorbeiführen, ausgetrocknet. Um diesen schwierigen Bedingungen entgegenzuwirken, errichtete das Unternehmen einen Rückhaltedamm, der oberflächlich abfließendes Wasser sammelt und somit einen Jahresvorrat speichert.

Abb. 5: Rückhaltebecken für die Wasserversorgung der Anlage.

Quelle: ERI, Zgounder Mine, Marokko, aufgenommen am 13.05.24

Wasser ist eine Ressource, die von der Mine und den Gemeinden im Einflussbereich der Mine gemeinsam genutzt wird. Die Gemeinden sammelten zuvor Wasser manuell aus umliegenden Quellen. Das Unternehmen installierte Brunnen mit Solar-pumpen, um die lokale Gemeinschaft zu versorgen. Das Wasser wird in ein Reservoir gepumpt, das den Dörfern Zugang zu Wasser bietet und 30 Haushalte oder etwa 200 Personen versorgt. Der  unten abgebildete Brunnen  versorgt das Dorf Aolousse. In der heutigen Bergbauindustrie wird dem Wasserhaushalt große Aufmerksamkeit geschenkt. Der technologische Fortschritt im Bereich des Wasserrecyclings und der Entwässerungstechnologien entwickelt sich schnell weiter, und die ersten Minen operieren mittlerweile mit stark reduziertem Wasserverbrauch.

Abb. 6: Pereshia Berlenbach vor Ort in Marokko neben einem solarbetriebenen Bohrloch zum Grundwasserleiter, der das Dorf Aolousse versorgt.

Quelle: ERI, Zgounder Mine, Marokko, aufgenommen am 13.05.24

Biodiversität, Monitoring und Minenschließung.

Der Bergbau hat Auswirkungen auf die Umwelt und erfordert daher eine sorgfältige Überwachung. Maßnahmen zur Minderung negativer Effekte sowie zur Sanierung und Rekultivierung nach der Stilllegung einer Mine sind unerlässlich. Botaniker und Zoologen können z.B. das Gebiet vor dem Abbau auf  gefährdeten Pflanzen und Insekten untersuchen und Wasserläufe verlegen, bevor mit dem Bau begonnen wird. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen Anglo American und NatureMetrics, bei der Umwelt-DNA in Gewässern analysiert wird. So kann das Unternehmen die Art der Auswirkungen auf die Biodiversität am Standort während des gesamten Betriebsdauer  Verfolgen. Es ermöglicht dem Unternehmen, Auswirkungen zu minimieren und die Sanierung später effektiver zu überwachen, wodurch sie möglichst nah in ihren früheren ökologischen Zustand zurückversetzt werden kann.

Abb. 7: Ein Vorher-Nachher-Beispiel für die Sanierung von Minenstandorten in Griechenland.

Quelle: ERI, Olympias, Griechenland, aufgenommen am 10.2023

Zusammenfassung.

Bergbau ist immer mit Eingriffen in die natürliche Umgebung verbunden. Es ist wichtig, dass die Industrie Maßnahmen ergreift, um dauerhafte Umweltschäden zu verhindern. Durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien und nachhaltiger Praktiken können Unternehmen ihre Umweltauswirkungen reduzieren. Dies hilft, einen guten Ruf zu wahren und sichert die soziale Akzeptanz, die für die Projektausweitung entscheidend ist. Proaktive Umweltmanagementmaßnahmen und die Einhaltung der ESG-Normen sind daher strategische Investitionen in die Zukunft des Unternehmens.

 

Quellen:

  1. Berlenbach, P. (2018). Of Chieftains and Chairmen. Eine Stakeholder-integrative Sicht auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeit in Bergbauinvestitionen, [Executive MBA-Dissertation, University of Strathclyde Business School]
  2. Ortsbesichtigung in Marokko im Jahr 2024
  3. Ortsbesichtigung in Botswana im Jahr 2023
  4. Ortsbesichtigung in Griechenland im Jahr 2023
  5. https://www.mining.com/abb-boliden-and-epiroc-create-first-battery-electric-trolley-underground-truck-system/
  6. https://www.angloamerican.com/our-stories/environment/how-water-can-help-fingerprint-species-at-our-mines
  7. Ally, A.N., Blanche, M.M., Nana, U.J.P., Grâce, M.M., François, N. and Pettang, C. (2021) Recovery of Mining Wastes in Building Materials: A Review. Open Journal of Civil Engineering, 11, 379-397. https://doi.org/10.4236/ojce.2021.114022

 

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