Warum Silberaktien gerade jetzt eine Einstiegschance bieten

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Earth Resource Investments
by Gerd Hübner

Das Umfeld für Silber könnte derzeit kaum schlechter sein. Die Zinswende sowie die Sorgen um eine Rezession belasten den Preis für das Edelmetall und die Kurse von Silberaktien stark. Dabei sind die langfristigen strukturellen Aussichten sehr gut.

Wer auf Silber oder jene Unternehmen, die das Edelmetall abbauen, setzte, hatte es zuletzt nicht leicht. So verlor das Edel- und Industriemetall seit Jahresbeginn in Dollar gerechnet rund 18 Prozent. Noch schlimmer erwischte es Silber-Aktien: die Titel der großen Minengesellschaften verloren zwischen 20 und 40 Prozent, kleinere Unternehmen und Explorationsfirmen gaben teilweise noch etwas mehr nach. Gründe für diese negative Entwicklung gibt es reichlich. „Einer der Haupteinflussfaktoren für Silber, das keinen laufenden Ertrag bietet, sind die realen Zinsen“, erklärt Lok Gurung, Silber-Analyst und Berater der Earth Resource Investment AG. „Die Zinswende, die angesichts der stark gestiegenen Inflation in diesem Jahr von den Notenbanken eingeläutet wurde, ist deshalb Gift für Edelmetalle wie Silber.“

Während die vergangenen Jahre durch negative Realzinsen geprägt waren, hat sich das zuletzt dramatisch verändert. Zwar lag die Jahresinflation in den USA zuletzt bei 9,1 Prozent, doch für die Realzinsen ist die künftige Inflationserwartung entscheidend. Bis zum Jahresende preist der Markt derzeit eine Teuerungsrate von 2,5 Prozent ein. Aufgrund der aggressiven Haltung der Fed, geht der Markt zugleich von einer Rendite von rund drei Prozent bei zehnjährigen US-Staatsanleihen bis Ende 2022 aus, ein Wert der heute bereits erreicht ist. „Das bedeutet, dass wir eine positive reale Rendite von derzeit rund 0,5 Prozent haben“, macht Gurung klar.

China-Lockdown als weiterer Belastungsfaktor

Doch ist das nicht der einzige Belastungsfaktor. Rund 50 bis 60 Prozent des industriell nachgefragten Silbers gehen laut dem World Silver Survey 2022 in den ostasiatischen Raum und dort ist China einer der größten Nachfrager. „Aufgrund der No-Covid-Strategie und den Lockdowns ist dort ein erheblicher Teil der Nachfrage weggebrochen“, erklärt der Analyst. „Zudem hat die US-Regierung seit 2018 Strafzölle auf Photovoltaik-Importe verhängt, was sich ebenfalls negativ auf die Metallnachfrage ausgewirkt hat. Zwar wurden die Zölle vor kurzem für 24 Monate ausgesetzt, was Silber wieder mehr Aufmerksamkeit verschaffen sollte.“ Dennoch hat dies alles dazu beigetragen, den Silberpreis nach unten zu drücken.

Besonders drastisch aber fiel die Neubewertung bei Silberminengesellschaften aus. In der Regel werden die größeren Unternehmen aus diesem Bereich mit dem 1,5- bis zweifachen ihres Nettoinventarwertes bewertet. „Aktuell liegt die Bewertung aber bei unter eins und die kleineren Firmen gibt es mit einem Discount von rund 50 Prozent zu ihrem Wert“, sagt Gurung. Fabian Erismann von der Earth Ressource Investment AG beurteilt das ebenso: „Kurzfristig würde ist zwar nicht mit einer raschen Erholung zu rechnen, aber meines Erachtens sieht der mittel- bis langfristige Ausblick für Silber sehr interessant aus.“

Gold-Silber-Ratio spricht für den kleinen Bruder

Ein Fakt, der den Analysten optimistisch macht, ist die Gold-Silber-Relation. Im historischen Durchschnitt ist Gold etwa 60- bis 70mal so teuer wie Silber. Aktuell beträgt das Verhältnis aber 91. „Normalerweise bewegt sich die Relation im Zuge der Mean Reversion immer wieder auf den langfristigen Durchschnitt zu, weshalb wir bei Silber derzeit mehr Aufwärtspotenzial sehen“, sagt Gurung. Damit das zum Tragen kommt, braucht es aber einen Auslöser. Einer davon könnte die Geldpolitik sein. „Wir erwarten, dass die Aggressivität der Fed und der anderen Notenbanken in der zweiten Jahreshälfte nachlassen wird und dann sollten die realen Renditen zurückgehen, was eine wichtige Unterstützung für Gold und Silber wäre“, meint der Experte.

Auch wird viel von der Entwicklung des US-Dollars abhängen. Eine Abschwächung der US-Währung wäre für den Silberpreis sehr vorteilhaft. Doch vor allem sind für die Preisentwicklung bei Silber, wie bei allen Rohstoffen, Angebot und Nachfrage entscheidend. Und hier rückt, nicht zuletzt aufgrund des Einmarsches Russlands in der Ukraine, das Thema Sicherheit und Unabhängigkeit bei der Energieversorgung stärker in den Fokus. „Aus diesem Grund wird beispielsweise der Ausbau der Solarenergie stark vorangetrieben, während gleichzeitig der Absatz an Elektrofahrzeugen in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird“, erklärt Gurung. „Und das bedeutet eine zusätzliche Nachfrage nach dem Edelmetall.“

Strukturell gute Aussichten

So werden in einem E-Auto etwa 1,6- bis 2,2mal so viel Silber benötigt wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Schätzungen zufolge könnte sich aufgrund dieser höheren Nachfrage und dem geplanten Ausbau der Photovoltaik bis 2025 ein Defizit im Silbermarkt von 200 bis 300 Millionen Unzen pro Jahr aufbauen. Eine rasche Lösung der Knappheit ist nicht in Sicht. „Schließlich ist die durchschnittliche Lebensdauer von Silberminen mit rund zehn Jahren recht kurz, während die derzeit geplanten Projekte nicht ausreichen, um die zusätzliche Nachfrage zu decken“, sagt Gurung. Auch sind silberhaltige Erzlagerstätten oft klein und deren Exploration und Auffindung aufwändig. „Dazu kommen politische und regulatorische Hürden gerade in Mittel- und Südamerika bei gleichzeitig steigenden Kosten.“ Das heißt, strukturell dürfte der Silberpreis mittel- bis langfristig wieder deutlich anziehen. „Und da bietet die aktuell sehr günstige Bewertung der Silber-Aktien eine ausgezeichnete Chance, um eine Position in diesem Bereich aufzubauen“, so das Fazit des Silber-Experten.

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