Wunschwelt vs. Realität

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Earth Resource Investments
by Joachim Berlenbach

Erstmals veröffentlicht von Fundview mit Philipp Kinzel am 07.03.2024.

Betrachtet man die Energiewende als eine technische Revolution (Stichwort „Net-Zero 2050”) so wird es zu einer noch nie dagewesenen Nachfrage nach Critical Raw Materials wie Kupfer, Lithium oder Kobalt kommen. Zwar bleiben Öl, Gas und Kernenergie (Uran) bei vielen auf Nachhaltigkeit fokussierten Investoren verpönt. Doch im globalen Kontext drücken die Länder, die entscheidend für eine Reduktion von CO2 und Methan sind, bei der Energieproduktion aus fossilen Brennstoffen kräftig aufs Gaspedal: Die chinesischen Behörden genehmigten 2022 beispielsweise den Bau neuer Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 106 Gigawatt, was etwa zwei großen Kraftwerksblöcken pro Woche entspricht. Die weltweite Ölnachfrage ist allein 2023 um drei Millionen auf insgesamt 103 Millionen Barrel pro Tag gestiegen, also um etwa drei Prozent, und hat damit einen neuen Rekord erreicht. Dieser Trend wird weitergehen.

Gleichzeitig dominiert China aber auch den Weltmarkt für silber- und kupferintensive Photovoltaiktechnologie. Dies sollte nicht überraschen, denn für eine global steigende Energienachfrage werden wir zukünftig sowohl fossile als auch erneuerbare Energieträger benötigen. Aus diesem Grund hat die Kupfernachfrage trotz des Gegenwinds für die globale Wirtschaft ebenfalls ein Rekordhoch erreicht, gleichzeitig stehen die Lagerbestände auf einem Rekordtiefpunkt. Auf der Angebotsseite wird es zunehmend enger, sowohl für Öl als auch bei den für die Energiewende benötigten „Critical Raw Materials” wie Lithium oder Kobalt.

Die Energiewende kann nicht mit Lippenbekenntnissen und übereifriger Regulierung herbeigeführt werden. Als Beispiel sei eine der wohlgemeinten EU-Bestrebungen genannt, wonach bis 2030 „mindestens zehn Prozent des EU-Jahresverbrauchs kritischer Rohstoffe aus dem europäischen Raum zu gewinnen seien”. Dieser „Meilenstein” des „Green Deals” kann leider nur ein wohlgemeinter Wunsch bleiben, denn Europa hat einfach nicht die geologischen Lagerstätten, um auch nur annähernd das vorgegebene Produktionsziel zu erreichen. Die Abhängigkeit von Ländern, die noch große Vorkommen kritischer Rohstoffe besitzen, wie Chile und Kongo, aber auch China (Seltene Erden), wird absolut bleiben. Die Abhängigkeit wird sich vermutlich noch verschärfen, da mit einem weiter steigenden Bedarf an Energierohstoffen wie Öl und Kupfer (das wichtigste Metall für erneuerbare Energien aufgrund seiner elektrischen Leitfähigkeit) gerechnet werden muss. Denn mit wachsender Weltbevölkerung und steigendem Bruttosozialprodukt der großen Schwellenländer Indien und China wird sich auch die Energie- und Rohstoffnachfrage beschleunigen.

Da Rohstoffpreise volatil sind, sollten Investoren sich nicht auf einzelne Nischenmetalle, wie zum Beispiel Lithium, fokussieren, sondern in einen „Korb“ von Produkten investieren. Investoren könnten z.B. in physische ETFs investieren oder in attraktiv gewertete Rohstoffaktien. Meines Erachtens werden die Ölnachfrage und der Ölpreis – ungeachtet des Gegenwinds von ESG-fokussierten Anlegern – weiter steigen. Ölaktien gehören in allen Segmenten zu jenen, die am attraktivsten bewertet sind. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften gehören Kupferaktien ebenfalls mit ins Portfolio. Rohstoffanlagen mit hoher Liquidität könnten zum Beispiel mit solcher geringeren Liquidität kombiniert werden, wie Lithium- oder Uranaktien, doch sollte man hier auf alle Fälle die Zyklizität und Volatilität des Rohstoffsektors beachten.