Industriemetallaktien: Einstiegschance nach der Korrektur

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Earth Resource Investments
by Gerd Hübner

Artikel von Gerd Hübner.

Das laufende Jahr lief für Aktieninvestoren bislang alles andere als gut. Zwar konnten sich Aktien der Unternehmen aus dem Industriemetallbereich lange Zeit gegen den Abwärtssog stemmen. Doch zuletzt verloren auch sie deutlich an Wert. Die Ursachen dafür sind leicht auszumachen: Zum einen die Politik der Notenbanken, die als Antwort auf die stark gestiegene und hartnäckig hohe Inflationsrate, deutlich aggressiver ausfiel als zunächst erwartet. Zum anderen die in Folge des Ukraine-Krieges und des Covid-bedingten Lockdowns in China aufkommenden Sorgen um eine Rezession. Insbesondere das Reich der Mitte spielt bei Industriemetallen eine wichtige Rolle. So verbraucht China rund 40 Prozent der jährlichen Kupferproduktion, bei Zink und Nickel sieht es ähnlich aus.

Kein Wunder also, dass der MSCI World Metals & Mining Index im April und Mai um fast 20 Prozent einbrach. Von seinem Tiefstand aus hatte er sich bis Anfang Juni zwar wieder etwas erholt, allerdings notiert er noch immer rund zehn Prozent unter seinem Höchststand. „Wir gehen davon aus, dass solche Kurseinbrüche in diesem Bereich eine sehr gute Gelegenheit bieten, um bei Kupfer, Nickel oder Zink einzusteigen“, sagt Fabian Erismann, Rohstoffanalyst der Earth Resource Investment AG. Denn in der Tat gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die für einen langfristigen Aufwärtstrend bei den Preisen von Industriemetallen und entsprechend auch bei den Aktien aus diesem Sektor sprechen.

So viel Kupfer wie noch nie in der Menschheitsgeschichte

Ein wichtiger Punkt ist das weltweite Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum. So dürfte die Weltbevölkerung nach Schätzung der Vereinten Nationen von heute etwa acht Milliarden bis 2050 auf zehn Milliarden Menschen zunehmen. Gleichzeitig wächst die globale Mittelschicht, der Wohlstand der Menschen und auch die Urbanisierung nimmt zu. „Das alles führt zu einem steigenden Bedarf an Infrastruktur, an Elektrizität, an Straßen und Gebäuden und dafür wiederum braucht es Industriemetalle“, erklärt Erismann. „Und dabei haben wir die Energietransformation noch gar nicht berücksichtigt.“ Diese hat zuletzt, ausgelöst durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine, nochmals einen Schub bekommen. Denn dadurch rückt das Thema der Versorgungssicherheit und der Unabhängigkeit von Energieimporten stärker in der Fokus. Und dazu können erneuerbare Energien einen wesentlichen Beitrag leisten.

Doch genau für diese Energiewende braucht es Industriemetalle. So sind Kupfer, Nickel oder Zink bei Solar- oder Windkraftanlagen wesentliche Bestandteile. Für Windturbinen zum Beispiel benötigen wir zwischen vier und neun Tonnen Kupfer pro Megawatt Leistung. Ähnlich sieht es bei Elektrofahrzeugen aus. Hier ist der Kupferbedarf etwa dreieinhalb bis vier Mal so hoch wie in herkömmlichen Autos. Der Bedarf an Nickel soll sich in der laufenden Dekade gegenüber dem vergangenen Jahrzehnt aufgrund der steigenden Nachfrage der E-Auto-Hersteller fast verdreifachen. Insgesamt soll sich die globale Kupfernachfrage in den kommenden 30 Jahren verdoppeln, womit wir so viel Kupfer benötigen würden, wie in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte.

Abnehmende Erzgehalte

Doch kann die Angebotsseite mit diesem in den kommenden Jahren steigenden Bedarf mithalten? „Wir sind da skeptisch, weil zum Beispiel die größten Minen der Welt inzwischen schon sehr alt sind, die Erzgehalte abnehmen und sich ihre Lebensdauer dem Ende entgegen neigt“, erklärt Erismann. In den großen chilenischen Kupferminen zum Beispiel betrug der Kupfergehalt Anfang 90er rund drei Prozent. Heute sind es weniger als ein Prozent. „Um also die Produktion stabil zu halten, muss heute viel mehr Gestein bewegt werden“, folgert der Rohstoffanalyst. „Doch das lässt sich nicht ins Unendliche steigern, weshalb neue Minen erschlossen werden müssen. Doch dies kann schon zehn bis 20 Jahre dauern.“

Und da die niedrig hängenden Früchte bereits abgeerntet sind, sind neue Projekte auch kapitalintensiver und gehen mit gestiegenen operativen Risiken einher. Und was für Kupfer gilt, gilt umso mehr für Nickel und Zink, bei denen die Situation zwischen Angebot und Nachfrage noch angespannter ist. Dazu kommen verschärfte Regularien, wie strengere ökologische und soziale Auflagen. „Das heißt, wir haben eine strukturell steigende Nachfrage, die auf ein eher starres Angebot trifft“, fasst der Experte zusammen. Aber nicht nur das: Auch die Fundamentaldaten der Minen- und Bergbaugesellschaften sind attraktiv. „Die Produktionskosten eines effizienten Förderunternehmens liegen bei Kupfer bei 1,20 bis 1,50 Dollar je Kilogramm“, sagt Erismann. „Bei dem aktuellen Preis von rund 4,40 Dollar, der noch dazu ein gutes Stück unter dem Höchststand von knapp fünf Dollar im März liegt, erwirtschaften die Produzent ordentliche Gewinne.“

Hebelwirkung macht Rohstoffaktien besonders attraktiv

Im Industriemetallsektor finden sich also hoch profitable Unternehmen, die günstig bewertet sind und hohe Dividenden bieten. Dabei macht eine Besonderheit Industrie- und Edelmetallaktien besonders attraktiv. „Wenn der Preis des zugrunde liegenden Metalls steigt, dann steigen die Kosten nicht in gleichem Umfang, weshalb die Profitabilität der Unternehmen dann überproportional zunimmt“, macht Erismann klar. Das wiederum schlägt sich in einem überproportional steigenden Aktienkurs nieder. „Deshalb raten wir auch dazu, in Metallaktien zu investieren und nicht direkt in Kupfer und Co.“ Zudem stehen für ihn Explorationsfirmen und Unternehmen aus dem Small- und MidCap-Bereich im Fokus, da dort das Potenzial in einem Umfeld steigender Industriemetallpreise am höchsten ist. Und das gilt nach dem jüngsten Kursrückgang in besonderem Maße.